manifesto

Film Manifeste (bzw. Manifestos) sind lange Bestandteil der weltweiten Filmkultur. Egal ob Hollywood, Avant-Garde oder Oberhausen: Manifeste legen seit Jahrzehnten wichtige Grundsteine in der Ausrichtung der Filmschaffenden. So möchte auch ich mit einem Manifest einen Teil zur Zukunft des Kinos beitragen und meine eigene Position ergründen:

manifesta natura

In den kapitalistisch geprägten Gesellschaften des globalen Nordens hat sich eine Entfremdung weg von der Natur manifestiert. Parallel hat eine ausgeprägte Individualisierung stattgefunden. Ergebnis dessen ist eine Gesellschaft, die von Krankheiten, Einsamkeit und Egoismus durchzogen ist. Dieser Lebensstil führt zudem auch dazu, dass Menschen besonders im globalen Süden ausgebeutet werden und unter den Folgen ebendieses Lebensstils leiden.

Wann hast du das letzte Mal den Waldboden unter deinen nackten Fußsohlen gespürt? Wann ist deine Hand das letzte Mal durch das kalte Wasser eines gesunden und intakten Bachlaufs geglitten? Wie viele Wochen ist es her, dass du Nachts mit Faszination und Neugier den Tieren des Waldes lauschen konntest? Wir haben uns nicht nur von der Natur entfremdet, sondern auch dafür gesorgt, dass fast im Minutentakt Arten aussterben. Als Filmschaffende haben wir die Verantwortung diese Realität zu erkennen, zu verstehen und in unserer Filmrealität wirken zu lassen. Es geht nicht darum die Klimakrise, das Artensterben und die Ungerechtigkeit explizit als zentrales Handlungselement zu zeigen und zu benennen. Es ist jedoch essentiell, dass die Realitäten unserer Filmwelten von diesen Umständen geprägt werden. Ein gutes Beispiel zeigt hierfür Christian Petzolds „Roter Himmel“, in dem die nahe tobenden Waldbrände nie explizit mit der Klimakrise in Verbindung gebracht werden, jedoch stetig die Filmrealität nähren und beeinflussen. Sie werden zu einem Teil der erlebbaren Filmwelt.

Seit einigen Jahren sind sogenannte „Green Shooting“ Guidelines für Filmproduktionen zur Etikette geworden. „Green Consultants“ sind dafür verantwortlich, dass am Set Maßnahmen wie Mülltrennung, Müllvermeidung etc. eingehalten werden. Die Green Consultants werden jedoch projektbezogen von der produzierenden Firma angestellt und nicht von einer unabhängigen, externen Prüfstelle. Das ist eine offensichtlich viel zu schwache Machtposition um tatsächliche, tiefgreifende Veränderung herbeizuführen. Handelt es sich hierbei etwa um eine „Greenwashing“ Methode? Ist es im Endeffekt nicht nur eine Plakette im Abspann, die sich Produktionen mit ausreichend Budget erkaufen können? Wissen nicht alle, die in der Filmlandschaft arbeiten, dass diese Maßnahmen in der Realität oft nicht einmal annähernd ausreichend umgesetzt und belächelt werden? Dabei ist doch klar, dass so manche Low-Budget Produktion, die erst gar nicht die Mittel für „Green Shooting“ hat, deutlich umweltverträglicher ist.

In Zeiten der Klimakrise tragen wir als Künstler*innen eine ganz besondere Verantwortung. Die drängende und immer präsentere Konfrontation mit der Klimakrise betrifft sämtliche Bereiche der Gesellschaft. Wie können wir es wagen, sie nicht zu einem ständigen Begleiter unserer Leben und unserer Kunst zu machen?

Ich fordere einen radikalen Ansatz für Inhalt und Form von Filmproduktionen in Zeiten der Klimakrise um dem verwaschenen „Green Washing“ etwas entgegenzusetzen.